Dienstag, 9. April 2024

Kapitel 180 - Sockenhinweise

Die Geschenke sind schuld. Eindeutig. Kaum fängt man an, sich Strickgeschenke für würdige Empfänger (und Empfängerinnen) auszudenken, findet man wieder zu seinen Ursprüngen zurück. Was eignet sich besser als ein Paar Socken? Ist schnell fertig, wärmt und kommt immer gut an.

Ich habe meine Liebe zu Socken wiedergefunden! Nun habe ich mich ja just an dieser Stelle mehrfach darüber beklagt, wie lange es bei mir gedauert hat, bis ich mich endlich dazu entschließen konnte - bzw. traute - Pullover zu stricken. Und wie froh ich war, dass es tatsächlich wider Erwarten auch bei mir endlich geklappt hat. Aber, aber, aber, die Sockenliebe war natürlich immer noch da. The heart wants what the heart wants oder vielmehr: wo die Liebe hinfällt, eben.


Tja, und jetzt, nachdem ich erst neulich (naja, gefühlt neulich) ca. 6 Paar Weihnachtsundgeburtstagsgeschenksockenpaare gestrickt und übergeben habe, bin ich voll zurück in meiner Begeisterung.


Socken sind einfach megacool.


Die Farben der Wolle, die angeboten werden, sind großartig.


Die Möglichkeiten für das Design von Socken sind unendlich und schließlich:


es sind perfekte Mitnahmeprojekte, und zwar überall hin!


Zu guter Letzt: sie sind eigentlich wirklich schnell fertig, wenn man dranbleibt.


Was könnte besser sein?


Mit großer Freude habe ich zudem festgestellt, dass ich alles noch parat hatte im Kopf, Käppchenferse, Fish Lips Kiss Heel, nichts war vergessen. Auch meine kleinen Tipps und Tricks, die ich mir so angeeignet hatte über die Jahre, waren alle wieder präsent. Und da fiel mir auch der Blog wieder ein. Was eignet sich besser für einen neuen Eintrag, als die Weitergabe von Tipps? Teilen ist alles beim Stricken! Los geht‘s.


1 Sockentabellen


Mein erster Tipp dreht sich um die Sockentabellen. Alle online vorhandenen Sockentabellen sind super praktisch und eignen sich vor allem dann, wenn man nur die Schuhgröße der beschenkten Menschen kennt. Meine bevorzugten findet man bei Buttinette. Einfach in die Suchzeile ‚Sockentabelle‘ eingeben oder hier klicken. Der unschlagbare Vorteil bei diesen Tabellen ist, dass sie in allen Sockenwollstärken angeboten werden - von dreifädig bis achtfädig. Mit einem Klick weiß man Bescheid, was vor allem bei der schönen Bändchenspitze wichtig ist.


2 Eine Größe kleiner stricken


Nochmal kurz zu den Tabellen. Während sie unverzichtbar sind, wie ich finde, haben Sie doch einen Nachteil. Alle Sockengrößen sind m.E. zu groß oder auch zu locker berechnet. Daher mein Tipp: grundsätzlich eine Größe kleiner stricken, wenn es sich nicht gerade um Menschen handelt, die z.B. häufig geschwollene Füße haben. Meine eigenen Socken habe ich gerne eng am Fuß bzw. Bein, damit ich sie immer und überall tragen kann, auch im engen Schuh. Mit der Zeit bzw. nach vielem Waschen werden sie ein wenig größer und passen dann immer noch.


3 Ferse mit ungerader Zahl stricken


Das ist ein Tipp, der sich vor allem bei der Käppchenferse bewährt. Da ich eigentlich immer die verstärkte Fersenwand und sogar ein verstärktes Käppchen (= 1 M stricken, 1 M abheben) stricke, war ich mit der fehlenden Symmetrie gar nicht zufrieden. Die Lösung ist simpel.

Je nach verwendetem Muster werden vor Beginn der Fersenwand ein paar Maschen hin oder herverschoben oder einfach zu- bzw. abgenommen, damit die Fersenwand mit einer ungeraden Zahl beginnen kann. Das funktioniert auch bei anderen Fersen, das entscheide ich aber dann anhand des Musters vom Oberfuß. Manchmal hab ich auch da Symmetriebedürfnisse und muss mir Maschen ausleihen.


Bitte beachten: die ungerade Verteilung am Ende des gestrickten Fußes, kurz vor der Spitze, noch einmal überprüfen und ggf. wieder ändern. Sonst gehen die Maschenzahlen bei der Bandspitze nicht auf.


4 Fersenwand rechts und links kraus stricken


Wenn man bei der Fersenwand rechts und links jeweils 3 Maschen kraus rechts strickt (in jeder Reihe rechts), auch die Maschen ganz am Rand, dann entstehen dort kleine Knötchen, die das Aufnehmen von neuen Maschen für den Spickel ungemein erleichtern. Außerdem sehen die kleinen Krausreihen später sehr ordentlich aus und ergeben auf beiden Seiten ein schönes Bild. Hat man das Käppchen gestrickt, dann entscheidet man sich an der Seite der Fersenwand einfach, in welchen Faden der Knötchen man einstechen will, um eine neue Maschen herauszuholen und wiederholt das bei allen Knötchen. Saubere Arbeit!


5 Das Loch beim Übergang vermeiden


Ein Tipp, der aus einer großen Not entstand. In jedem von mir konsultierten Sockenbuch stand, dass man bei einer normalen Käppchenferse zwischen Fersenwand und den stillgelegten Maschen des Oberfußes aus dem Querfaden eine Maschen zunehmen sollte, damit man an dieser Stelle ein Loch vermeidet. Soweit so gut. Nur - dieses Manöver hat bei mir immer zu genau jenem Loch geführt, das man damit eigentlich vermeiden sollte.

Hier also meine Lösung: nach den aufgenommenen Maschen aus der Fersenwand nicht den Zwischenfaden auf die Nadel nehmen, sondern die erste Masche des Oberfußes, und zwar in der Reihe darunter. Diese gesamte Masche (mehrere Fäden auf der Nadel) verschränkt abstricken. Fertig.


6 Ein Rippenmuster bevorzugen


Auch das stand in einem meiner Sockenbücher und das stimmt. Rippenmuster passen sich einfach am besten den Füßen an, sitzen am besten, rutschen am wenigsten. Wer sich aber leicht abschrecken lässt von einer ewiglangen Männersocke im 2re2li - Muster, wahrlich eine Studie in Geduld, dem lege ich mein Muster Rippenbruch ans Herz. Ein ganz einfaches, kleines Muster über 4 Runden, das immer noch genügend Rippeneffekt mitbringt, damit man die gewünschte Passform erzielt.


7 Das Bündchen auf einer Nadel anschlagen


Die berühmte erste Runde nach dem Anschlagen, die gerade bei Socken eine solche Qual ist, wird bei mir auf folgende Art und Weise vermieden.

Ich nehme eine Nadelspielnadel, und zwar eine halbe Nummer größer als meine bevorzugte Sockennadel, und schlage darauf alle Maschen für die Socke an. Dann umdrehen und mit der richtigen Nadelgröße abstricken und dabei auf die Nadel(n) verteilen.


Ja, damit ist die linke Reihe außen, aber das stört keinen großen Geist und gefällt mir mittlerweile ganz gut - wie ein kleiner Rippenrand.


Ja, dadurch sind die erste und die letzte Masche (noch) nicht miteinander verbunden, aber wozu hat man das Anschlagsfädchen? Einfach beim Vernähen miteinander verbinden. Sieht kein Mensch.

Oder man schlägt eine Masche mehr an und macht am Ende der ersten Runde einen einfachen Überzug, um Ende und Anfang miteinander zu verbinden.


8 Wenn‘s eilig ist - 6-fädige Wolle bevorzugen


Eigentlich ein alter Hut, aber dickere Socken sind einfach so viel schneller gestrickt. Daher für ganz eilige Geschenke, ein paar Knäuel 6-fädig parat halten. Sie tragen sich nahezu identisch, aber sind mit sehr viel geringerer Maschenzahl in der Runde, sehr viel schneller fertig.

Und ja, 8-fädig geht natürlich noch schneller, aber nicht immer kann oder will man doppelt gestrickte Restesocken verschenken. Manchmal soll es eben doch gleichmäßig und hübsch sein. Bei 6-fädiger Sockenwolle gibt es bei allen gängigen Marken eine sehr hübsche Auswahl.


9. Ein Projekt nur für die Handtasche einplanen


Das ist ein Langzeittipp. Denn auch wenn man als sockenstrickender Mitmensch weiß, wie schön sich diese Projekte überall hin mitnehmen lassen, kommt es doch vor, dass man sich manchmal in einer Situation befindet, in der man keine Socken parat hat. Weil man einfach nicht drangedacht hat. Da hilft das Projekt in der Handtasche, d.h. einfach ein kleines Sockenprojekt in einer kleinen Tasche in die Handtasche stecken und sogleich vergessen. Das ist kein Projekt für die aktuelle WiP-Sammlung, sondern ein Projekt für die fünf oder zehn Minuten Wartezeit, die überall spontan anfallen können, sei es in der Schlange beim Postamt oder im Wartezimmer beim Arzt, und die sich so auch problemlos überbrücken lassen. Egal wie lange es insgesamt dauert - am Ende hat man ein neues Paar für die Geschenkebox.


10. Sich Inspiration holen


Dieser Tipp bezieht sich auf Ravelry, daher bitte ich schon einmal um Verzeihung, wenn diese Plattform leider nicht genutzt werden kann.

Dort gibt es seit vielen Jahren eine sehr coole Gruppe, nämlich die Sock Knitters Anonymous. Eine Gruppe für die Anonymen Sockenstricker. Dort wird jedes Jahr von September bis Juli ein lockerer Wettbewerb ausgerufen, bei dem man zu einem oder mehreren Monatsthemen Socken stricken kann. Das Tolle daran ist, dass die Gruppenmoderatoren schon ganze Arbeit geleistet haben und bereits thematische Bündel von Anleitungen zusammengestellt haben, die man nach Lust und Laune durchforschen kann. Das heißt also, man muss nicht einfach allgemein nach Sockenanleitungen suchen und von der Fülle der Ergebnisse erschlagen werden, sondern man kann sich thematisch durch eine der Sammlungen klicken. Blumensocken? Thema Mathe/Physik/Technik? Fandoms? Literatur? Anleitungen extra für selbststreifende Sockenwolle? Es gibt alles, was das Herz begehrt. Seht mal hier.

Diese so genannten bundles können dann noch einmal speziell durchsucht werden, z.B. um kostenlose Anleitungen zu finden, was ja manchmal auch notwendig ist,

Übrigens: bei den SKA gibt es auch ein bundle zu Socken, die im Wettbewerb nicht zugelassen sind, weil sie zu simpel sind. Aber genau das ist für uns Geschenkestricker auch manchmal schön, z.B. für das oben erwähnte Taschenprojekt.


Das war's auch schon. Wenn Ihr noch einen Tipp habt, den ich vergessen habe, dann immer her damit. Ich freu mich, denn nach dem Geschenkestricken ist vor dem Geschenkestricken.




Mittwoch, 13. September 2023

Kapitel 179 - von der Kreativität

Der Algorithmus hat etwas angespült. Einen Zufallsfund, der aber, wie so häufig bei Strandgut, ein wahres Kleinod ist und in der Lage ist, mich zu beflügeln. Große Worte, ich merke es selbst, aber fangen wir mal ganz zu Beginn an.

Also, über meine persönliche Strickreise ist an dieser Stelle ja schon einiges geschrieben worden. Vom ewigen Sockenstricker hat mich die glücklicherweise unvermeidliche Evolution endlich zu Oberteilen schreiten lassen. Anleitungen auf deutsch und englisch, verschiedene Stricktechniken, alles lief nach Plan bzw. alles wurde nach und nach - immer mit dem nötigen Respekt und der üblichen Verzögerung (verstehe ich das auch? kann ich genug?) - in Angriff genommen.

Mittlerweile habe ich auch schon Designs von einigen der 'großen' Designer gestrickt. Na, dachte ich, da bist du aber mittlerweile wirklich vorangekommen.

Tja und dann hat der Algorithmus zugeschlagen.

Er hat mir einen Podcast einer jungen Handarbeiterin angespült, der mir erst einmal die Kinnlade offen stehen ließ. So kann man es nämlich auch machen.

Da wird mit dem Stricken und Häkeln völlig anders umgegangen. Es gibt keinen Designer-Olymp, um den man sich bemühen muss, keine 'richtigen' Garnalternativen, die man gestrickt haben muss, um dazuzugehören. Nein, von alledem hört und sieht man da nichts.

Stattdessen gibt es hier jemanden, der einfach beschließt, sich einen Pulli zu häkeln und zwar genau so, wie er im Kopf entstanden ist. Alles, was zur Verfertigung nötig ist, bringt man sich auf dem Weg zum fertigen Strick- oder Häkelstück bei. Vollkommen unabhängig von allen anderen Trends im Podiverse.

Da ist mir zum ersten Mal wieder bewusst geworden, warum man dieses Hobby eigentlich auch betreiben könnte. Nicht etwa, um die Ideen von anderen Leuten einfach zu replizieren, so hübsch das auch sein mag, nein, man bringt sich die Techniken beim, um seine ureigensten Ideen zu verwirklichen.

Das ist natürlich eigentlich gar kein so revolutionärer Gedanke, schon in der Einleitung zu Lisl Fanderls Klassiker 'Bäuerliches Stricken' geht es um "handgeschriebene[…] Musterkombinationen", die sich jemand ausgedacht hat und ganz "nach persönlichem Geschmack" ausgestaltet hat. Aber sich alles komplett selber ausdenken und dann machen? Da war mein Respekt doch zu groß.

Umso erfrischender dieser Mut, sich einfach in ein Projekt zu stürzen. Besonders haben mich die Folgen begeistert, in denen etwas aus Film und Fernsehen nachgestrickt wurde. Da wurde aus einfachen Screenshots ein richtiges Design mit eigener Anleitung, die dann nachgearbeitet wurde. Wer Lust hat, kann hier mal reinschauen. Oder auch hier, wo Mijanou erklärt, wie sie beim Designen vorgeht. Ich bin schwer beeindruckt!

Und klar, da gehen auch Sachen daneben. Da wird nicht die allerneueste Stricktechnik implementiert - die Ärmel könnte man z.B. auch von oben nach unten stricken - da werden Sachen gearbeitet, die der mittelalten süddeutschen Durchschnittsstrickerin nicht wirklich stehen oder gar passen würden - aber der Gedanke ist es, der mich begeistert. Einfach loslegen! Einfach machen! War für ein Schwung!

In der deutschen Strickszene ist Kirsten von Schul Frey auch so ein leuchtendes Beispiel. Hach, ich komme ins Schwärmen.

Und was am besten ist - die grauen Zellen fangen an zu bitzeln und zu sprühen. Ein tolles Gefühl!

Ob das was wird? Ich freue mich!




Freitag, 9. Juni 2023

Kapitel 178 - Tiefseetauchen

Wie bei vielen Podcastern, Bloggern und anderen Leuten, die öffentlich über ihre Garnvorlieben und Strickereien berichten, war natürlich mein Plan für dieses Jahr 2023 auch ein zuverlässiges Verwenden von Wolle aus dem Vorrat, um ebendiesen ein wenig zu verringern. Man ja doch keine utopischen Pläne. Nur die eine oder andere Projekttasche, die leer werden soll, die eine oder andere Garnschale, die danach weniger als zuvor enthält. Eigentlich ist das doch kein Hexenwerk.

Der Stashabbau stand also ganz vorne auf meiner Liste der Neujahrsvorsätze. Obwohl ich da ja offenbar ein bisschen aus der Zeit gefallen bin. Vorsätze fasst man gar nicht mehr, alles kalter Kaffee von gestern. Ich stricke, was ich will, ist die Devise. Naja, ich bin old school und hab's also versucht.


Aus gutem Grunde außerdem - wenn man sich nämlich mal seine Vorräte in ihrer vollen Größe vorknöpft - im Marie Kondo Style gesammelt auf dem Küchentisch auskippt und begutachtet, tja dann ist ein gewisses Unbehagen nicht von der Hand zu weisen. Das Neusortieren macht Spaß, das auch, aber es wird einem doch schnell ein wenig mulmig. Wie viel Pläne man doch hatte! Wie viele Einzelknäuel man in einem Moment der Schwäche gekauft hat! Aber gut, ich stricke, also wollte ich, das war ja die Devise. Kein schlechtes Gewissen beim Hobby!


Aber: was ich bei meinen hochfliegenden Plänen für 2023, immerhin vor sechs Monaten gefasst, noch nicht bedacht hatte, waren alle meinen heimlichen Stashmitbewohner. Alle Knäuel und Knäuelchen, die mir von freundlichen Seelen vermacht worden waren, weil man entweder nicht mehr stricken will oder nicht mehr kann. Oder eben weiß, dass ich schlecht nein sagen kann, wenn mir jemand Wolle anbietet.


Da liegen sie nun, und erzählen davon, was vor vielen Jahren mal der letzte Schrei war. Oder was jemand anderes an Farbvorstellungen hatte. Keine leichte Aufgabe. Je tiefer man in den Stash abtaucht, desto mehr wird klar:

Blass-orange war die Farbe der Stunde.




Halo und Flausch sind keine Erfindungen von heute.




Glitzer auch nicht.


Eigentlich wird damit aber die Aufgabe womöglich ja sogar leichter. Man muss sich also nur nach Anleitungen umsehen, die man für die vorliegenden Wollqualitäten verwenden kann.

Aber das wird in dem Moment zur ungewöhnlich anspruchsvollen Aufgabe, wenn die Banderole der Uralt-Wolle keine richtigen Angaben enthält. Weder Angaben zu Lauflänge, noch zu gedachter Maschenprobe, noch - was eigentlich das Schlimmste ist - zu notwendiger Garnmenge für ein Kleidungsstück. Natürlich hat man ein paar Faustregeln im Kopf, aber wie das so ist mit solchen Regeln, alles geben die natürlich auch nicht her. Ein paar Hinweise würden hier wirklich nicht schaden.


Wie man nämlich sieht - sieht man nix.



Was ist also zu tun? Na, im Zweifel bleibt immer ein RVO übrig. Was für ein Glück, dass ich gerade ein hübsches Strukturmuster zur Hand hatte, das sich ganz unproblematisch auf einen Pullover übertragen ließ, so konnte es also gleich losgehen.



Das nächste Projekt wird ein RVO T-Shirt, da sollte die Wolle also auch reichen und schließlich wird für eine letzte Idee ein bisschen in Kleinstportionen gehäkelt. Da wird dann eben das Garn ersetzt, wenn's ausgeht.


Und siehe da, es funktioniert.


Drei Kleidungsstücke aus drei Uraltgarnen sind in der Mache und teilweise sogar schon fertig. Und die alten Banderolen sind meine liebsten Souvenire. Ich bin in meinen Stash abgetaucht und hab was wirklich Altes verstrickt! Sommerfeeling pur!


Samstag, 31. Dezember 2022

Kapitel 177 - der Kommentar zu den Kommentaren

Pünktlich zum neuen Jahr auch von mir noch ein Kommentar. Diesmal aber zu einem etwas anderen Thema.

Aber fangen wir ganz am Anfang an. 2023 soll - so entnehme ich das der Blog- und Podcast-Welt - das Jahr der Wips werden. Der Ufos, der angefangenen Projekte, der gekauften Anleitungen, etc.

Ich weiß nicht, wie oft, aber ich habe es gefühlt 50x gehört und gelesen, dass das Jahr 2023 für die Strickerin und den Stricker anders werden soll.

Weniger Wollkauf, mehr aus dem Stash verstricken.

Weniger Anleitungen kaufen, mehr stricken, was man schon hat.

Viele - am liebsten alle - angefangenen Projekte endlich beenden und tragen oder verschenken.

Das klingt ja doch sehr nach Vorsätzen, die man selbst immer mal wieder fasst und wann eignet sich das besser, als am Ende eines Jahres, wenn es - morgen nämlich schon - ganz anders werden könnte. Wenn ich mich nur endlich dran halte.

So gesehen ist das alles noch gar nicht seltsam.

Für mich war es eigentlich eher amüsant, dass sich diese Idee besonders in diesem Jahr so deutlich über die Blogosphäre ausgebreitet hat.

Hat vielleicht ja auch mit den Zeichen der Zeit zu tun. Es ist gar nicht so schlecht, wenn man mal wieder drüber nachdenkt, was man mit den Sachen anfangen kann, die man schon hat, anstatt sich immer neue anzuschaffen. Das geht ja ganz in Richtung Sparsamkeit und Achtsamkeit und Nachhaltigkeit und sicher einer oder zwei anderen coolen -heit oder -keit. Soweit so gut.

Was ich aber jetzt überhaupt nicht begreifen kann, und damit sind wir endlich beim Thema, wie sich die Leute darüber aufregen können, dass andere genau dies tun.

Da gibt es also mehr als eine sehr freundliche und geschätzte Youtuberin, die dieses Jahresende zum Anlass nimmt, ihre eigenen Woll- und Projektbeutelschätze zu durchwühlen und dies auch noch für uns geneigte Zuschauer aufnimmt und erläutert. Gute Unterhaltung und nebenbei auch noch eine Menge Anregung für uns.

Was ich dann aber nicht verstehe, sind die bisweilen doch sehr bösartigen Kommentare. Ich zitiere hier mal aus der Fülle:

"Wann willst du das alles Mal fertig kriegen es tut mir richtig weh wenn ich sehe wie die schöne Wolle so nutzlos irgendwo in der Ecke liegt"

Na, also da fehlen mir die Worte. Muss man sowas überhaupt schreiben? Kann man sich sowas - wenn es denn sein muss - nicht einfach nur denken? Was soll denn damit bezweckt werden?

Soll damit womöglich die freundliche Youtuberin zu einem Sinneswandel bekehrt werden (den sie ja eigentlich schon vollzogen hat, weil sie uns ja schon ihre unfertigen Werke zeigt)?

Oder will sich damit die Kommentatorin nicht viel eher selbst beglückwünschen, dass sie alles besser auf die Reihe kriegt als wir anderen, die in unserem Hobby manchmal über die Stränge schlagen.

Neee, neee, neee. So geht das nicht!

Da zitiere ich doch mal kurz die immer noch hilfreiche englische Redewendung: If you can't say anything nice, don't say anything at all. Zu deutsch: Wenn du nichts Nettes sagen kannst, dann sag lieber gar nichts.

Genau so ist das bei den Kommentaren, finde ich. Ich habe auch noch nie verstanden, weshalb es das 'Däumchen nach unten' überhaupt gibt. Wer klickt denn das überhaupt an? Wenn mir ein Video nicht gefällt, dann schau ich es doch gar nicht weiter. Fertig, aus die Maus. Ich kann doch nicht über solch seltsames Geklicke die Welt retten. Wie soll denn das gehen?

Stattdessen sollte man mal überlegen, dass sich da jemand die Mühe macht, für mich ein Video aufzunehmen. Setzt sich hin, schaltet die Kamera ein, erzählt mir etwas, schneidet alles, lädt es hoch. Und dann mache ich den fertig in einem knappen Kommentar, ohne mich auch nur mit einem Wort erst einmal freundlich zu bedanken, dass es überhaupt ein Video gibt. Das ich mir ja auch angesehen habe, also meine eigene Unterhaltung hatte, wie es aussieht.

Das ist doch einfach nur unfair, oder?

Womit mir aber nur einmal mehr klar geworden ist, dass auch wir in unseren heilen Strickwelt gar nicht so nett und freundlich sind, wie wir immer denken. Natürlich teilen wir alle das tollste Hobby der Welt, aber bei uns gibt es genauso viele unfreundliche, arrogante und besserwisserische Leute wie überall anders auch.

Wie schade eigentlich!

Daher hier ein freundlicher Neujahrswunsch für uns alle: nächstes Jahr versuchen wir's besser zu machen. Dieses unfertige Projekt - nämlich mich - kriege ich doch hoffentlich wirklich hin! Den Versuch einer Verbesserung doch zumindest!

Und wie viel besser dann alle Begegnungen mit Strickern und Strickerinnen werden würden - noch tollere Wollfeste, noch freundlichere Kundenberatung im Wollladen, noch interessanterer Projekteaustausch. Also auf geht's ins Jahr 2023 - ins Jahr, in dem wir uns alle auch in der Strickwelt ein bisschen netter begegnen.

Einen Guten Rutsch Euch allen!




Montag, 21. November 2022

Kapitel 176 - Werden und Wachsen

Also - noch vor kurzem wurde hier das Loblied auf den zweiten Socken/Ärmel/Jackenteil gesungen. Das war auch ganz richtig so, aber: das war bevor man sich entschloss, endlich doch kopfüber loszuspringen in unbekanntes Terrain. Etwas versuchen, was man sich zuvor nicht getraut hatte. Etwas völlig Verrücktes machen.  Wovon ist denn nun schon wieder die Rede?

Von der magischen Abkürzung TAAT - two at a time - also zwei Teile gleichzeitig stricken.

Das ist ja nun kalter Kaffee, werden viele Leser und Leserinnen jetzt rufen, zumal was Socken betrifft. Das weiß schließlich jeder. Eh klar. 

Nachdem alle Sockenmethoden einmal durchprobiert waren: Nadelspiel, magic loop, Minirundnadel, zwei Rundstricknadeln - werden bei mir Socken jetzt tatsächlich so gestrickt, wie's im Moment am besten erscheint. GumGum-Socken mit dem Nadelspiel (aufgepasst, Ravelry-Link), Stinos auf zwei Rundstricknadeln und manchmal eben magic loop, wenn man beide Socken gleichzeitig fertig bekommen will, zum Beispiel im aktuellen Weihnachtsstrickgeschäft.

Projekt: Weihnachtssocken, Anleitung: meine eigene (aufgepasst, Ravelry-Link)

Aber wie das so ist, die große Podcast-Welt inspiriert ja nicht nur, was Projekte und Wolle betrifft. Es werden dabei auch immer wieder Methoden vorgestellt, die ein neues Licht auf das eigene Werkeln werfen. Und es fallen immer wieder ein paar gute Tipps ab, die man gerne auch umzusetzen versucht. Diesmal also: TAAT für zwei Ärmel.

Aber - was??? Zwei Ärmel gleichzeitig??? Das geht doch gar nicht!!!

Die Vorteile liegen natürlich klar auf der Hand. Nur einmal Maschen aufnehmen, das leidige Unterarmloch schließen und die Abnahmen verteilen.

Aus unerfindlichen Gründen konnte ich mir das aber einfach nicht vorstellen. Ich konnte, wie es auf Englisch so schön heißt, "meinen Kopf nicht drumherum wickeln". Man hat doch genug zu tun mit dem einen Ärmel - aufpassen, dass keine Masche abhaut, dass die leidigen Löcher beim Übergang verschwinden, dass die Abnahmen im richtigen Abstand erfolgen. Ich war ja richtig froh, als ich diesen Teil des Pulloverstrickens - top down, versteht sich - endlich verstanden hatte.

Dann aber kam das Thema in meinem neuen Lieblingspodcast Piece4Peace Crafting, den ich als neue Zuschauerin gerade von Beginn an nachverfolge, immer wieder vor. Lustigerweise sogar bei einem Pullover-Strickneuling. Na, dachte ich mir, wenn jemand, der bei einer einstelligen Zahl von fertigen Pullovern ist (merke: ich sehe den Podcast von Beginn an, aktuell Episode 5, mittlerweile sind es natürlich schon viel mehr Kleidungsstücke), dann muss ja was dran sein. Also mutig mein aktuelles Projekt als Versuchskaninchen vorgenommen.

Es handelt sich hierbei um ein Weihnachtsgeschenk für meinen werten Mitbewohner, der endlich wieder auf der Liste stand für einen Pullover.

Also, tief Luft geholt, in die Anleitung geblickt und einfach alle Anweisungen mit einer langen Rundstricknadel nacheinander wiederholt. Und siehe da, unglaublich aber wahr - es klappt.

Projekt: Weihnachtspullover, Anleitung: Single Malt (aufgepasst, Ravelry-Link)

Was wieder einmal beweist, dass es sich bei unserem Hobby eben nicht ums Bombenentschärfen handelt. Was soll denn auch groß passieren? Selbst wenn es ein paar Maschen vom Still-Lege-Faden nicht auf die Nadel schaffen, dann nimmt man sie halt später auf. Auch den Markierer für den Rundenbeginn kann man sich sparen, da beginnt ja die magic-loop-Runde, also kaum zu übersehen.

Und was soll ich sagen? Es klappt bestens und ich bin begeistert. Es hilft sogar beim Strickflow, weil man das Strickstück insgesamt nicht mehr so häufig hin- und herwenden muss, sondern in Ruhe erst einmal beide Rundenhälften abstrickt. Ich bin bekehrt!

Der einzige Nachteil, und den habe ich in meiner neuen messianischen Begeisterung wirklich nicht bedacht: ich stricke mit zwei zusammengehaltenen Fäden. Das heißt also für meine TAAT-Ärmel muss ich vier verschiedene Wickel-Bobbel managen. Und Nicht-Superwash-Garn hat ja so eine charmante Tendenz sich ineinander zu verwirren. Tja...

Aber solche Kleinigkeiten halten mich jetzt nicht mehr auf. Das Garn ist super und wie man sieht, fehlt ja nicht mehr viel. (Garn-Empfehlung: Frankenwolle aufgepasst, Ravelry-Link)

Es grüßt ein neuer Strickmensch. Ärmel, ich komme.